Die Filmstarts-Kritik zu Furiosa: A Mad Max Saga (2024)

Kritik der FILMSTARTS-Redaktion

Als George Miller 2009 bekannt gab, nach mehreren gescheiterten Anläufen doch noch einen vierten „Mad Max“-Film zu drehen, hielten das nicht wenige für eine Schnapsidee. Schließlich fand die Reihe bereits 1985 mit „Mad Max – Jenseits der Donnerkuppel“ einen etwas enttäuschenden vorläufigen Abschluss. Doch als das Sequel „Mad Max: Fury Road“ nach vielen weiteren Verschiebungen 2015 im Kino lief, verstummten die Unkenrufe schnell.

Millers furioser Action-Exzess bretterte mit so einer Power durch die Kinos, dass sich dem kaum jemand entziehen konnte. Denn der australische Regisseur bescherte uns keinen lahmen Neuaufguss, sondern eine Maßstäbe setzende Genre-Revolution. Am Ende gab es dafür sensationelle zehn Oscarnominierungen (dabei sechs Auszeichnungen). Jüngst wählten über 10.000 Filmkritiker*innen „Mad Max: Fury Road“ sogar zum besten Film der vergangenen 25 Jahre.

Nun kehrt Miller erneut in seine dystopische Welt zurück. Der als erstes Prequel vor den Ereignissen im jüngsten Meisterwerk angesiedelte „Furiosa: A Mad Max Saga“ ist ebenfalls bestens geeignet, um mögliche Unkenrufe schnell verstummen zu lassen. Obwohl Miller dieses Mal eine sich über 15 Jahre erstreckende und in einigen Momenten unnötig ausufernde Geschichte erzählt, entfesselt er auch diesmal eine Kino-Urgewalt. Der „Happy Feet“-Regisseur erweist sich einmal mehr als Meister des visuellen Erzählens, der auch bereit ist, neue Wege zu gehen. Denn obwohl es viele Parallelen zur „Fury Road“ gibt, findet Miller – auch mit CGI-Unterstützung – seine ganz eigene Bildsprache, die verhindert, dass „Furiosa“ zum bloßen Neuaufguss verkommt. Und immer wenn die auf fünf Kapitel ausgewalzte Story droht, ihren Fokus zu verlieren, zieht uns die mitreißende Hauptfigur wieder herein.

Die Filmstarts-Kritik zu Furiosa: A Mad Max Saga (1)Warner Bros.

In der Zukunft ist das Gros von Australien ein Wüsten-Ödland. Benzin, Wasser und Nahrung sind knapp. Die kleine Furiosa (Alyla Browne) wächst aber im Grünen Land, einem fruchtbaren Paradies auf, das vor all den marodierenden Banden versteckt liegt. Doch sie wird von dort entführt, landet in den Fängen des eine riesige Biker-Gang anführenden Dementus (Chris Hemsworth) und muss mitansehen, wie dieser ihre Mutter Mary Jo (Charlee Fraser) tötet. Zuerst wächst Furiosa bei Dementus auf, wird von diesem dann aber an den mächtigeren Warlord Immortan Joe (Lachy Hulme folgt in der Kultrolle auf den verstorbenen Hugh Keays-Byrne) getauscht.

Mit einer List gelingt es Furiosa dort, sich der ihr zugedachten Position als künftige Gebärmaschine im Harem zu entziehen. Einige Jahre (und Fluchtversuche) später bietet sich der jungen Frau (nun: Anya Taylor-Joy) die Chance, zur rechten Hand von Joes bestem Fahrer Praetorian Jack (Tom Burke) aufzusteigen. Der transportiert mit seinem riesigen War Rig Benzin, Nahrungsmittel und ganz viel Munition zwischen den verschiedenen Festungen seines Meisters. Diese Position bietet Furiosa die Chance auf Freiheit und die Rückkehr in ihre Heimat. Doch es gibt noch einen anderen Wunsch, der in ihr lodert: Rache an Dementus.

Wenn schon Leerstellen füllende Vorgeschichte – dann bitte so!

Hat es eine Vorgeschichte für die in „Mad Max: Fury Road“ noch von Charlize Theron verkörperte Furiosa gebraucht? Müssen all die Andeutungen über das Grüne Land und ihre Herkunft ausgefüllt werden? Brauchen wir eine Erklärung, wie sie ihren Unterarm verlor? Natürlich nicht. Doch wenn man all diese Leerstellen des Vorgängers füllen will, dann unbedingt so wie in „Furiosa: A Mad Max Saga“: nämlich mit beeindruckenden Bildern, die direkt zu uns sprechen; mit grandioser Action, die Erklärungen von ganz alleine mitliefert; und mit einer fesselnden Hauptfigur, die mitfiebern lässt, obwohl wir ihr Schicksal bereits kennen.

Schon die erste Actionszene fasst Millers neuesten „Mad Max“-Film perfekt zusammen. Als ihre Tochter entführt wird, jagt Furiosas Mutter den Verantwortlichen hinterher. Während der sich bis in den nächsten Tag ziehenden Verfolgungsjagd müssen keine Worte gewechselt zu werden, um das Geschehen und vor allem die apokalyptische Welt zu verstehen. Wenn Mary Jo mit ihrem Scharfschützengewehr einen der flüchtenden Schergen ausschaltet, bricht ein anderer sein Entkommen kurz ab. Leben und Vorsprung werden riskiert, denn das Benzin und das eventuell noch ein paar km/h schnellere Motorrad des toten Ex-Kameraden sind in dieser Welt zu wertvoll.

Die Filmstarts-Kritik zu Furiosa: A Mad Max Saga (2)Warner Bros.

Die atemberaubende lange Action-Sequenz ist ein Vorgeschmack auf die vielen weiteren, die der Film bereithält. Mit erst zwei, dann nur noch einer Verfolgerin, einer Handvoll Schergen und der sich auf ihre eigene Art wehrenden kleinen Furiosa bietet sie noch überschaubares Personal, was es erleichtert, alle Abläufe zu verstehen. Bei den gigantischen Set Pieces, die Miller später bietet, ist man so schon vorbereitet, auf all die Details zu achten.

Wenn Furiosa die Einweihungsfahrt des gigantischen neuen War Rigs von Praetorian Jack als blinde Passagierin zur Flucht nutzen will, dann aber bei einem Überfall auf den Transport zwischen die Fronten gerät, sind bereits Dutzende Personen auf beiden Seiten beteiligt. Erneut wird nur vereinzelt ein Kommando geschrien, aber ein weiteres Mal erzählen die Bilder die ganze Geschichte. Sie enthüllen alle Abläufe, verdeutlichen die unterschiedlichen Angriffsstrategien der Wegelagerer und die Verteidigungspläne von Jack und den fanatischen Warboys auf seinem Rig.

Spektakel-Kino ...

Diese Szenen beweisen, warum Miller so ein herausragender visueller Erzähler ist. Schnitt, Kamera und die Positionierung aller Elemente im Raum bilden eine Einheit. Jedes große Action-Set-Piece erzählt seine eigene große Geschichte. Jeder brutal überfahrene oder durch die Luft gewirbelte Widersacher eine kleine Story inmitten dieser. Dass diese Action mit deutlich mehr CGI-Einsatz als beim Vorgänger daherkommt, stört nur in wenigen Momenten. Hier und da wirkt etwas zu künstlich oder nicht ganz rund. Das sind aber Ausnahmen. Denn Miller und seinem Team um den für den Vorgänger oscarnominierten Visual Effects Supervisor Andrew Jackson („Oppenheimer“) gelingt damit größtenteils, die realen Stunts zu verstärken, wobei die Action sogar mal von der Straße kurz in die Luft verlegt wird.

Erneut brettern also monströse Fahrzeuge laut brummend durch die Wüste, krachen ineinander und überschlagen sich. Einmal mehr übertreffen sich Miller und sein beim ersten Teil 1979 noch als Nebendarsteller beteiligter Co-Autor Nico Lathouris dabei, ihre Welt mit den absurdesten Figuren zu bevölkern. Mit sprechenden Namen wie People Easter, Organic Mechanic oder Piss Boy sind die ein Ereignis wie Chris Hemsworth als durchgeknallter Unterdrücker Dementus mit Zauselbart. Der „Thor“-Star hat sichtlich Spaß daran, dem Affen so richtig Zucker zu geben und gegen sein Image einen sad*stischen Bösewicht zu mimen.

Die Filmstarts-Kritik zu Furiosa: A Mad Max Saga (3)Warner Bros.

„Furiosa: A Mad Max Saga“ ist so sehr Spektakel-Kino, dass die vielen inhaltlichen Themen, die links und rechts die ganze Zeit angerissen werden, überschüttet bleiben. Gesprochen wird kaum, und wenn doch, ist fast jeder Satz bedeutungsschwer aufgeladen, wird auf Historie und Fantastisches verwiesen und mit einem Apfel als beständigem Thema auch auf die dazwischen liegende Bibel.

In den kurzen Dialogen und vor allem Monologen wird teilweise zu dick aufgetragen, weil dann doch recht wenig dahinter ist. Eigentlich kann man den Film wahrscheinlich dialogfrei genauso gut genießen, sich nur von den lauten Motoren und dem erneut grandios treibenden Score von Tom Holkenborg alias Junkie XL mitreißen lassen. Das soll aber nicht bedeuten, dass „Furiosa“ frei von Inhalt und ein reines Schauwert-Spektakel ist – im Gegenteil.

... aber mit Herz!

Bezeichnend ist der Moment, als ein 40 Tage andauernder Krieg ausbricht und Miller nun nicht etwa die ganz großen Geschütze auffährt. Stattdessen bekommen wir wenige Sekunden Bildercollage, bevor es zur Heldin und ihrer ganz persönlichen Rachestory zurückgeht. Auch wenn es lange dauert, bis Anya Taylor-Joy ihren ersten Auftritt in dem fast zweieinhalb Stunden langen Film hat, ist sie ab diesem Punkt das pulsierende Herz dieses Action-Epos. Es ist faszinierend, wie Miller in all dem überbordenden Spektakel immer wieder zu ihr findet. Nur ein Blick der Schauspielerin (gern auch in Großaufnahme) genügt dann, um uns wieder mit ihrer Figur mitfiebern zu lassen und zu erkennen, welche emotionale Befreiungs- und Ermächtigungsgeschichte inmitten all der Absurditäten steckt.

Fazit: George Miller hat es einmal mehr getan. „Furiosa: A Mad Max Saga“ ist nicht frei von Schwächen, aber erneut ein audiovisuelles Kino-Ereignis, von dem man sich auf der größtmöglichen Leinwand überwältigen lassen muss.

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